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Die „Alte Schule Kühren”
Die Alte Schule von Kühren bei Lütjenburg haben wir nicht gesucht, sondern, so pflegen wir zu sagen, sie ist zu uns gekommen. Wir waren lange auf der Suche nach einem alten Haus in ländlicher Gegend, das unseren Interessen und Träumen entsprach. Dabei waren unsere Ansprüche gar nicht hoch, so meinten wir jedenfalls.
Das Haus, das wir suchten, sollte mindestens ca. 100 Jahre alt und möglichst im Originalzustand sein, denn unser beider Leben ist stark von der Liebe zur Kultur und dem Handwerk vergangener Epochen beeinflusst.
Andrew Plumridge, aus England stammend, ist Orgelbauer und von daher ständig mit der Wartung und Pflege alter Instrumente betraut. Sein Know-how im Umgang mit alten Holzverarbeitungstechniken hat er bereits als junger Mann in der Werkstatt seines Vaters, der als Restaurator arbeitete, erworben. Ich selbst, Ralf Popken, bin als freiberuflicher Sänger und Dirigent tätig und als solcher vor allem mit den älteren Werken der Musikgeschichte befasst. Wir leben seit 1993 zusammen in Norddeutschland. Doch nach einigen Jahren der vergeblichen Suche hatten wir kapituliert: die Gebäude, die uns angeboten wurden waren oft durch Modernisierungsmaßnahmen stark verunstaltet oder auch ganz einfach zu teuer.
Wir hatten unsere Hoffnungen schon längst aufgegeben, als vor etwa fünf Jahren Freunde von uns das Schild „Alte Schule zu verkaufen" vor dem großen Reetdachhaus in Kühren entdeckten. Und damit nahm die Geschichte ihren Anfang. Als wir im Sommer 2003 zum ersten Mal das Grundstück betraten, dachten wir, in einem Traum zu sein: das schöne, große Gebäude aus dem Jahr 1820, mit Klinkersteinen gebaut und einem riesigen Reetdach, und der es umgebende Garten mit einer Scheune aus dem 18. Jahrhundert waren zwar meterhoch von Brombeeren, Brennnesseln und Holundersträuchern zugewachsen, aber die Alte Schule und ihre ursprüngliche Gestalt waren äußerlich sehr gut erhalten. Auch war der historische Schulgarten in Ansätzen noch zu erkennen. Im Innern hatten die Vorbesitzer zwar vieles verändert, aber die Grundsubstanz des Hauses war nicht angetastet worden. So konnte man die Aufteilung der Räume wieder rekonstruieren und das Haus wohnlich machen. Auch eine Modernisierung der Heizung und der Dämmung war ohne weiteres möglich. Uns wurde schnell klar: dieses Haus oder keins!
Nachdem die Finanzierung gesichert war konnten wir mit den Arbeitsmaßnahmen beginnen. Als erstes musste die Westseite des Scheunendaches erneuert werden, denn sie war stark beschädigt und größtenteils verrottet, sodass nicht nur das Dach sondern das ganze alte Gebäude bedroht waren. Etliches mussten von Firmen übernommen werden, so etwa der größte Teil der Erneuerung der Reetdächer, die Neuinstallierung der Heizung, der sanitären Anlagen und der Stromversorgung im Haupthaus. Das meiste aber wollten wir mit unseren eigenen Händen schaffen, nicht zuletzt um Kosten zu sparen. Aus diesem Grund haben wir auch davon abgesehen, einen Architekten zu Rate zu ziehen, der auf Grund der übersichtlichen Sachlage auch nicht wirklich von Nöten war. Es ging unter anderem darum, eine Ferienwohnung mit drei Zimmern, Bad und Küche, die in die Schulstube eingebaut war, komplett zu entfernen. Außerdem mussten ca. 120 qm Betonfußboden beseitigt werden. Alle Innenwände wurden saniert und mit atmungsaktiver, ökologischer Kalkfarbe gestrichen. Diese Arbeiten wurden mit Hilfe unseres sehr großen Freundeskreises erledigt. In großen „Arbeitseinsätzen" wurde hier mit vielen Händen viel geschafft und die Alte Schule war dadurch schnell bis weit über die Grenzen Schleswig-Holsteins bekannt geworden. Helferinnen und Helfer kamen von nah und fern; nicht nur aus Kiel, Hamburg und Niedersachen, sondern sogar aus Berlin, England und Brasilien.
So gelang es uns relativ schnell, trotz begrenzter finanzieller Mittel die notwendigen Arbeiten fertigzustellen. Alle Maßnahmen wurden in Übereinstimmung und enger Zusammenarbeit mit der Stiftung Schleswig-Holsteinische Landschaft und des Landesamtes für Denkmalpflege ausgeführt, von denen wir auch gefördert wurden. Die Alte Schule in Kühren wurde daraufhin in das Denkmalbuch als Kulturdenkmal eingetragen. Das große Grundstück schließlich wurde in unermüdlicher, jahrelanger Arbeit von unserem Nachbarn Gustav Lamp (*1916) in einen blühenden und ertragreichen Garten verwandelt. Herr Lamp ist mit allem sehr vertraut, denn er war als Kind Schüler in der Alten Schule. Wir haben im November 2006 in der Schulstube mit ungefähr 60 Gästen zusammen seinen 90. Geburtstag gefeiert. Die langwierigste Arbeit jedoch betraf die Renovierung der Außenfenster, die sämtlich noch aus der Entstehungszeit des Hauses stammen, sowie der Neubau von Doppelglas-Innenfenstern zur Dämmung. Fast zwei Jahre lang hat Andrew Plumridge daran gearbeitet: immer nach Dienstschluss, an den Wochenenden und statt Urlaub.
Doch der Einsatz hat sich gelohnt. Nicht nur wir sind glücklich in unserer „neuen“ Alten Schule, auch unsere Familien und Freunde freuen sich bei ihren Besuchen mit uns. Darüber hinaus haben wir noch ein weiteres Ziel verwirklichen können: die Schule war ursprünglich ein Ort der öffentlichen Begegnung von Menschen im Mittelpunkt des Dorfes und der umliegenden Gutshöfe. Unser Wunsch war es, dass sie diese Nutzung auch wieder erfahren sollte. In der Schulstube, in der früher nicht nur der tägliche Unterricht abgehalten wurde, sondern die den Dorfbewohnern auch zu Taufen, Hochzeiten und Versammlungen diente, veranstalten wir nun Kammerkonzerte und Ausstellungen. Damit gelten wir inzwischen als Geheimtip in unserem Bekanntenkreis und die privaten Veranstaltungen in unserer Alten Schule erfreuen sich wachsender Beliebtheit.