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Die Scheune der Alten Gutsschule in Kühren
Die „Alte Schule“ besteht nicht nur aus dem imposanten, hoch gelegenen Backsteingebäude, sondern auch die Scheune, die direkt dahinter liegt und von der Straße aus nicht zu sehen ist, gehört dazu.
Zur Zeit der Erneuerung des Schulwesens Anfang des 19. Jahrhunderts durch die Errichtung von angemessenen Schulgebäuden wurde nämlich erwartet, dass der Lehrer sozusagen im „Nebenberuf“ sich auch als Landwirt betätigt, um sich und seine Familie soweit wie möglich selbst zu versorgen. So gehörte auch eine ordentlich große Fläche von Ackerland dazu, das sich hinter der Scheune Richtung Osten erstreckte und das nun schon seit langer Zeit mit Einfamilienhäusern bebaut ist. Der Straßenname „Schoolkoppel“ weist noch auf die ursprüngliche Nutzung hin.
Bei dem Gebäude handelt es sich um eine ortstypische Zweiständerscheune mit einer Mitteldurchfahrt, die es erlaubte, dass man mit dem Wagen auf der einen Seite hinein und auf der anderen wieder hinaus fahren konnte.
Die Mehrzweckscheune diente sowohl als Stallgebäude und Wagenremise, als auch als Ernte-Vorratsraum im Obergeschoss.
Wie lange die Scheune ihrem ursprünglichen Zweck gedient hat, wissen wir nicht genau, jedenfalls verschwanden im 20. Jahrhundert die Nutztiere und mit der Landwirtschaft auch alles andere. Sie wird den Besitzern nur noch als großzügiger Schuppen gedient haben. Wir wissen, dass unsere Vorgänger Pferde hielten, die dort untergebracht waren, aber das war wohl das Einzige, das noch an die ursprüngliche Nutzung erinnerte.
Solche Ensembles von Schulgebäude und Scheune waren im ganzen Land verbreitet und prägten das Bild der holsteinischen Landschaft. Und eben weil diese Form so gebräuchlich war, wurde sie von der Nachwelt wenig geschätzt und die Scheunen verfielen und verschwanden mit der Zeit. Nach Auskunft des Landesamtes für Denkmalspflege ist unsere Scheune tatsächlich eins der wenigen, wenn nicht gar das einzige Gebäude seiner Art, das den Wandel überlebt hat und deswegen habe wir sie in unser Herz geschlossen. Wir möchten sie gerne wieder in den Zustand bringen, in dem sie sich bei ihrer Erbauung befand. Dafür ist detektivische Arbeit nötig, denn es gibt keine Dokumentation über die Erbauung und die Veränderungen des Gebäudes. In den ca. 200 Jahren ihres Bestehens hat sich sicherlich viel geändert.
Der Zustand im Jahr 2003
Als wir die Scheune zum ersten Mal sahen, reichte das Erdreich auf der dem Schulhaus abgewandten Seite nach Osten hin bis direkt an die Wand, so dass nur der obere Teil sichtbar war und der Dachfirst sich in ca. 1,5 Meter vom Boden befand. Der obere, sichtbare Teil der Wand war stark durchfeuchtet und schadhaft, weil das Reetdach darüber nicht mehr intakt war und die Ostseite dadurch Wind und Wetter ausgesetzt war. Die Feuchtigkeit drang also nicht nur von unten aus dem Erdreich ein, sonder auch von oben durch das defekte Dach und die Ostseite drohte zu verfallen. Der untere Teil, der unsichtbar vom Erdreich verdeckt wurde, bestand aus Feldsteinen.
Im Innern der Scheune befanden sich eingebaute, kleine Ställe, die offenbar dem originalen Grundriss, der durch Schwellen im Lehmboden erkennbar war, folgten. Der Blick von unten ins Reetdach war frei.
Die übrigen Hausseiten befanden sich nur noch zu kleinen Teilen im originalen Zustand. Vielfach war das Mauerwerk mit modernen Klinkersteinen und Fugenmaterial ersetzt worden. Dabei erwies sich besonders die Verfugung aus Beton als fatal, denn der weitete sich im Laufe der Zeit durch eindringende Nässe und brachte die Steine dadurch zum Bersten.
Erste Sicherungsmaßnahmen im Jahr 2003
Damit ein weiterer Verfall des gesamten Gebäudes verhindert würde, musste also zunächst im Herbst 2003 die Ostseite der Scheune gerettet werden. Das Reet, das zum Teil nur noch lose auf dem Dachstuhl lag, wurde von Andrew Plumridge entfernt und abtransportiert. Die schadhaften Balken des Dachstuhls wurden von der Firma Steen, die im Ort ansässig ist, ausgewechselt und erneuert. Dabei kamen die für seit der Mitte des 18. Jahrhunderts typischen Holznägel zur Befestigung der Dachlatten und Weidebindungen für das Reet zu Tage, was eine erste Datierung auf die Entstehung des Gebäudes zuließ.
Abschließend wurde die Ostseite der Scheune mit neuem Reet eingedeckt und das Mauerwerk ausgebaut und zur weiteren Untersuchung und eventuellen Verwendung aufbewahrt. Die Wand wurde durch Spanplatten ersetzt und mit starker Plastikfolie gesichert. Mit dem neuen Dach und der provisorischen Wand war ein zufriedenstellender Zustand erreicht.
Renovierung und Rekonstruktion ab 2018
Im Frühjahr 2018 beschädigte ein heftiger Sturm die Westseite des Reetdaches schwer. Dadurch war es notwendig geworden, die Westseite komplett neu einzudecken, was durch die Firma Steen geschah.
Nachdem bereits 2011 eine Bestandsaufnahme der Scheune durch das Architekturbüro Masskontor durchgeführt wurde, begannen nach der Dachsanierung 2018 die konkreten Überlegungen zur weiteren Sanierung und Rekonstruktion des Gebäudes. Das Vorhaben entwickelte sich mit dem Einvernehmen der Denkmalbehörde dahin, die Scheune in den den Zustand ihrer Erbauung zurückzuversetzen. Eine dendro-chronologische Untersuchung der Ständerwerke ergab, dass das Holz gegen Ende des 18. Jahrhunderts geschlagen wurde und die Scheune demnach etwa 20 Jahre vor dem Bau des Schulhauses errichtet wurde.
Firma Steen wurde beauftragt, die schadhaften Balken auszuwechseln. Dafür war es notwendig, die Wände zu demontieren. Das geschah und geschieht in Eigenarbeit und mit Hilfe unseres Freundeskreises. Bei der Gelegenheit werden die einzelnen Steine gesäubert und sortiert. Schadhafte und nicht originale Steine werden ausgesondert. Anschließend werden die Gefache wieder aufgemauert. Die Türen wurden entfernt und sollen rekonstruiert werden.
Zur Sicherung des Gebäudes wurde eine aufwändig Stützkonstruktion innen eingebaut. Nach und nach nahmen die Arbeiten ihren Fortgang, unterbrochen durch den Einfluss der Pandemie.
Im Moment (Juli 2023) bietet sich dieses Bild:
Die Westseite, die rechte Hälfte der Nordseite und die linke Hälfte der Südseite sind fertig gemauert und bieten - bis auf das Fehlen der Türen - bereits ein rekonstruiertes Bild. Der Rest wartet auf seine Fertigstellung und soll wie in bisheriger Weise bearbeitet werden. Für diesen Zweck werden wieder Spendenaufrufe erfolgen und nach weiteren Möglichkeiten der finanziellen Unterstützung gesucht.
Die Scheune soll ebenso wie das Schulhaus als Denkmal der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden. Kleinere kulturelle Veranstaltungen, Feiern u.ä. aber auch Führungen zur Demonstration unserer ländlichen holsteinischen Baukultur können darin stattfinden.